Die derzeitige Nachfrage nach Wohnraum übersteigt das vorhandene Angebot. Hinzu kommen langwierige Planungsverfahren und hohe Baukosten, welche die dringend benötigten Neubauten zusätzlich verzögern. Das Resultat: Das Bevölkerungswachstum ist derzeit doppelt so gross wie die Anzahl neuer Wohnungen.
Zwischen 2020 und 2024 wurden durchschnittlich nur 52 neue Wohnungen pro 100 zusätzliche Einwohner gebaut – in den 1980er-Jahren lag dieser Wert noch deutlich über der 100er-Marke. Im vergangenen Jahr gingen die Neubauten im Vergleich zu 2023 sogar um rund 5’000 Einheiten zurück. Gleichzeitig hat die Bevölkerungszahl infolge der Zuwanderung deutlich zugenommen, wodurch die Nachfrage nach Wohnraum weiter gewachsen ist. Ende 2024 belief sich die Wohnbevölkerung auf 9'048’900 Personen – ein neuer Höchstwert.
Gemäss Wüest Partner verzeichnen die inflationsbereinigten Hochbauinvestitionen seit sechs Jahren in Folge einen Rückgang. Zwischen 2018 und 2023 sanken die Neubauinvestitionen um fast 18 Prozent, die Zahl der genehmigten Wohneinheiten sogar um rund 30 Prozent.
Ein grundsätzliches Problem ist strukturell und daher schwer zu beheben: Mit der 2014 in Kraft getretenen Revision des Raumplanungsgesetzes ist das unkomplizierte und kostengünstige Einzonen von Bauland auf der grünen Wiese weggefallen. Um die Zersiedlung zu stoppen, lautet die Devise nun verdichten statt einzonen. Die Anpassungen der Richt- und Nutzungspläne an die neue Raumplanung – zuerst in den Kantonen, mittlerweile auch in den Gemeinden – ist jedoch zeitaufwändig und noch nicht abgeschlossen.
Die neuesten Berichte von Wüest und Partner zeigen, dass sich Bauinvestitionen zunehmend vom Neubau zum Umbau verschieben. Lag der Anteil der Umbauten 2010 noch bei rund 30 Prozent, stieg er bis 2024 auf über 36 Prozent an – massgeblich bedingt durch die zunehmende Verdichtung. Das heisst auch: Immer öfter wird auf bestehenden Grundstücken gebaut, was nicht nur deutlich teurer ist, sondern häufig auch den Abriss alter Gebäude voraussetzt, bevor neu gebaut werden kann. Folglich sinkt der Wohnbausaldo – die Differenz zwischen fertiggestellten und abgebrochenen Wohnungen – selbst wenn die Zahl der Neubauwohnungen stabil bleibt oder wächst.
Trotz einer Zunahme der Bauaktivitäten klafft weiterhin eine deutliche Lücke zwischen Angebot und Nachfrage. Die Angebotsquote bei Mietwohnungen verharrt laut Studie mit 3,7 Prozent auf einem historischen Tiefstand, erschwingliche Objekte sind rar und in vielen Regionen übersteigt die Nachfrage das Angebot.
Gleichzeitig befeuern niedrigere Leitzinsen und steigende Privatvermögen den Wunsch nach Wohneigentum. Vor diesem Hintergrund rechnen Experten damit, dass die Immobilienpreise auch im laufenden Jahr weiter zulegen: Bei Eigentumswohnungen wird ein Preisanstieg von rund 3,6 Prozent erwartet, für Einfamilienhäuser von etwa 3,8 Prozent. Die angebotenen Mieten dürften um rund 1,7 Prozent steigen. Mittelfristig könnte jedoch eine Erholung der Bauwirtschaft den starken Preisdruck etwas abfedern.
Die Schweiz steht vor einer langfristigen Herausforderung: Bevölkerungswachstum, strikte Bauvorgaben und eine langsame Verdichtungsstrategie haben einen Markt geschaffen, in dem bezahlbares Wohnen zunehmend schwierig wird. Vorgehen wie Mietzins-Auktionen und Demonstrationen sind erste Warnzeichen. Eine echte Entspannung erfordert entweder ein geringeres Bevölkerungswachstum oder eine erhebliche Steigerung der Bautätigkeit – Massnahmen, die wohl erst in vielen Jahren greifen. Bis dahin bleibt den Mietenden kaum mehr als die Hoffnung, dass die Politik wirksame Lösungen auf den Weg bringt.