Kaufvertrag: Interview mit Jonas Rieder, Notar

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Immobilien
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29/9/2024

Ein Kaufvertrag kann kompliziert sein und Fragen aufwerfen. Im Interview spricht der Partner der Iseli & Rieder Notariat AG über die wichtigsten Punkte, die beim Abschluss eines Immobilienkaufvertrages geregelt sein müssen, seine Rolle als neutraler Vermittler zwischen Käuferschaft und Verkäuferschaft und wieso die öffentliche Beurkundung für eine erhöhte Rechtssicherheit sorgt.

Herr Rieder, wer sind Sie und was machen Sie?

Ich bin Notar des Kantons Bern. Im Herbst 2013 habe ich mein Staatsexamen abgelegt, nachdem ich vorher während meines fünfjährigen Studiums zuerst den Bachelor of Law und anschliessend den Master of Law erworben habe. Seit meinem Start als praktizierender Notar Ende 2013 arbeite ich im gleichen Büro, zuerst als Angestellter im Notariat Iseli und seit 1. Januar 2023 als Partner in der umstrukturierten Iseli & Rieder Notariat AG. Ich bin Notar aus Leidenschaft seit der ersten Sekunde, weil das Notariat in meinen Augen sehr dynamisch und spannend ist und vor allem einen hohen Grad an Menschenkenntnissen erfordert.

Privat trifft man mich – wenn es die Zeit zulässt – auf dem Rennvelo oder draussen in der Natur an meinem Wohnort in Bremgarten. Ich bin verheiratet und stolzer Vater von drei Kindern.

Wie ist ein Kaufvertrag aufgegliedert und was sind die wichtigsten Punkte, die beim Abschluss eines Immobilienkaufvertrags in der Schweiz unbedingt geregelt sein müssen?

Ein öffentlich zu beurkundender Kaufvertrag besteht zwingend aus den Parteien, dem Kaufobjekt und dem Kaufpreis. Vertragsgegenstand sind in der Regel auch Bestimmungen zur Sicherstellung des Kaufpreises sowie zur Kaufpreisabwicklung. Wichtig sind aber auch die Aufschlüsselung der Lasten und Rechte (z.B. Dienstbarkeiten) sowie die Regelung der Gewährleistung. Nicht zuletzt steuerliche Themen, insbesondere die Handänderungssteuer zulasten der Käuferschaft sowie die Grundstückgewinnsteuer zulasten der Verkäuferschaft, werden typischerweise vom Vertragsinhalt umfasst.

Wie regeln Kaufverträge den Umgang mit versteckten Mängeln an der Immobilie, und welche Absicherungen sollten Käufer hier berücksichtigen?

In Kaufverträgen wird die Haftung der Verkäuferschaft regelmässig wegbedungen (sogenannte Freizeichnung). Bezüglich Sachmängel bedeutet dies, dass die Verkäuferschaft weder für offene noch für verdeckte Mängel haftet, auch wenn diese erheblich oder unerwartet sind. Aus diesem Grund sollte die Käuferschaft vor dem definitiven Erwerb eine gründliche Prüfung der Immobilie vornehmen. Dieser Haftungsausschluss der Verkäuferschaft gilt indes nicht universell. Die Haftung kann beispielsweise nicht ausgeschlossen werden für Mängel (insbesondere verdeckte), deren Nichtvorhandensein der Käuferschaft zugesichert wird oder welche die Verkäuferschaft der Käuferschaft arglistig verschweigt.

Wie gehen Sie vor, um sicherzustellen, dass sowohl Käufer als auch Verkäufer beim Immobilienkaufvertrag optimal abgesichert sind?

In meiner Rolle als unabhängiger Notar prüfe ich, ob alle relevanten Vertragsbestandteile klar und für beide Parteien verständlich geregelt sind. Wichtig sind insbesondere die Sicherstellung des Kaufpreises (z.B. durch Eintragung eines Verkäuferpfandrechtes, durch Vorlage eines unwiderruflichen Zahlungsversprechens der Käuferbank oder durch Eigentumsübertragung nach erfolgter Zahlung «Zug um Zug») sowie eine klare Regelung der Gewährleistung.

Wie läuft eine Beurkundung ab und wann wird man zu einem rechtmässigen Eigentümer?

Bei der Beurkundung gehe ich mit den Parteien den Vertrag Punkt für Punkt durch. Notariatsrechtlich bin ich verpflichtet, den Kaufvertrag den Parteien vorzulesen. Bei Unklarheiten können jederzeit Fragen gestellt werden. Sind sowohl die Käuferschaft als auch die Verkäuferschaft mit dem Vertragsinhalt einverstanden und bestehen keine Fragen mehr, wird der Vertrag am Ende des Beurkundungsverfahrens unterzeichnet. Der Abschluss des Kaufvertrages ist das sogenannte Verpflichtungsgeschäft. Das Eigentum am Grundstück geht zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht über. Dies geschieht erst mit der Anmeldung des Kaufvertrages beim Grundbuchamt als sogenanntes Verfügungsgeschäft.

Welche Rolle spielt die öffentliche Beurkundung bei einem Immobilienkaufvertrag in der Schweiz, und warum ist sie so wichtig?

Die strenge gesetzliche Formvorschrift der öffentlichen Beurkundung schützt die Parteien vor übereiligen Entscheidungen, weil eine Drittperson, im Kanton Bern die Notarin oder der Notar, zwischengeschaltet ist. So kann gewährleistet werden, dass am Ende des Prozesses eine ausreichende Wissensgrundlage besteht, um den Entscheid zum Verkauf beziehungsweise Erwerb definitiv zu fällen. Die öffentliche Beurkundung spielt somit eine wichtige Rolle und sorgt für erhöhte Rechtssicherheit.

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Jonas Rieder ist Notar des Kantons Bern und Partner der Iseli & Rieder Notariat AG. Seine hauptberufliche Tätigkeit umfasst die öffentliche Beurkundung im Sachenrecht, Familien- und Erbrecht sowie Handelsrecht.

rieder@iseli-rieder.ch

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